Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am 23. November 2016 in ihrer Rede auf der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft in Berlin gestern die Freiheit der Forschung betont. Freie Wissenschaft sei wichtig für unsere Zukunft, selbst wenn es nicht immer von Beginn an absehbar sei, worin ein zukünftiger Nutzen liegen könne, sagte die Kanzlerin. Bremens Wissenschaftssenatorin, die ebenfalls ein Grußwort sprach, betonte: "Der Wunsch, die Komplexität globaler Prozesse auszublenden und nach einfachen Antworten auf Probleme zu suchen, hat Konjunktur.“ Diese gegenwärtige Grundstimmung stelle nicht nur eine Herausforderung für die Politik dar, sondern fordere auch in ganz besonderer Weise die Wissenschaft heraus. „Begünstigt durch die sozialen Medien verbreiten sich weltweit Kommunikationsformen, bei denen evidenzbasierte Fakten nicht mehr im Mittelpunkt stehen: Bei der jede und jeder nur noch hört, was er oder sie hören will, nur noch das wahrnimmt, was der eigenen Haltung bereits entspricht. Dieses Phänomen macht nicht nur um Differenziertheit bemühten Politikerinnen und Politikern das Leben schwer. Es stellt auch – etwas pointiert gesagt – die gesamte Wissenschaft in Frage, denn ihr konstituierendes Merkmal ist die Suche nach Erkenntnis und der Umgang mit Fakten auf der Basis des besseren Arguments. Dem befürchteten und teilweise zu beobachtenden Realitäts- und Rationalitätsverlust gesellschaftlicher Diskurse müssen wir uns alle gemeinschaftliche stellen. Dies sicherzustellen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der wir uns alle - nicht nur die Politik - stellen müssen: die Schulen, die Vereine und Kirchen, die Medien, aber eben auch die Wissenschaft. Schließlich ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe der Wissenschaft - neben der Erkenntnissuche selbst - auch die Relevanz wissenschaftlicher Ergebnisse zu vermitteln und Faszination für neue Erkenntnisse zu entfachen, Neugier zu wecken und auch Mut zu machen, vermeintliches Wissen zu hinterfragen. Denn Erkenntnissuche braucht Mut, sie ist anstrengend, sie erfordert Differenziertheit, Sorgfalt und das gründliche Abwägen von Argumenten. Denn es gilt der Grundsatz: Jeder Mensch hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber niemand hat das Recht auf eigene Fakten."
Bild: Leibniz-Gemeinschaft/David Ausserhofer
Rede von Senatorin Prof. Dr. Eva Quante-Brandt (pdf, 256.7 KB)