Die Haltung von Papageien und Sittichen ist auch in Bremen nach wie vor beliebt. Hier wird jedoch oft übersehen, dass es sehr schwer und wahrscheinlich sogar unmöglich ist, die Bedürfnisse von Papageien und Sittichen zu erfüllen.
Papageien und Sittiche leben in der Natur so:
In der Haltung in Haus und / oder Garten scheitert es üblicherweise an:
Bei der Nachfrage nach Papageien und Sittichen kommt es oftmals noch zu weiteren Tierschutzproblemen: Viele exotische Arten gelangen über illegalen Handel nach Deutschland. Diese Tiere werden ihrem natürlichen Lebensraum entrissen, viele sterben auf langen Transporten unter qualvollen Bedingungen. Für die Vögel, die dies alles überleben konnten, folgt dann in der Regel eine nicht annähernd artgerechte Haltung. Hier hilft nur ein gesetzliches Haltungsverbot für Papageien, Sittiche und andere exotische Tiere.
Denn auch bei allen lieb gemeinten Bemühungen gilt für Papageien und Sittiche:
Artgerecht ist nur die Freiheit!
Am 17.09.2023 besuchte das Team vom Landestierschutz Bremen das Papageienschutz-Centrum Bremen e.V. Beim Tag der offenen Tür konnte unser Team einen guten Einblick in die dortige Tierschutzarbeit bekommen.
Im Papageienschutz-Centrum leben Papageien unterschiedlicher Arten, die aus schlechter Haltung abgegeben oder behördlich beschlagnahmt wurden. Hier können sie in großen Flughallen, gemeinsam im Schwarm, wieder mehr "Vogel" sein. Der Aufwand, den das Papageienschutz-Centrum hierfür betreibt, ist enorm – ein Aufwand, der sich zu Hause in aller Regel nicht ermöglichen lässt.
Zunächst erfuhren wir in der aufwändig gestalteten Ausstellung Wissenswertes über Papageien in ihrem natürlichen Lebensraum, die Vielfalt der Papageienarten und das natürliche Verhalten dieser schönen Vögel. Aber auch immense Probleme, wie die Lebensraumzerstörung oder Wilderei mit dem Ziel der Haustierhaltung kamen zur Sprache. Ebenfalls bekam die artgerechte Ernährung von Papageien und Sittichen einen hohen Stellenwert: Diese besteht keineswegs ausschließlich aus einer handelsüblichen Körnermischung: Wildkräuter mit Samen und Wurzeln, Früchte und Mineralien aus der Erde gehören ebenfalls dazu. Weiter ging es zum nächsten Thema: Geeignetes und ungeeignetes Spielzeug – ein großer Teil, des im Handel erhältlichen Spielzeugs ist ungeeignet oder sogar gefährlich für diese Vögel, die mit ihrem kräftigen Schnabel einfach alles erkunden wollen. Dieses "Erkunden" wirkt auf uns manchmal eher wie ein "Zerstören", jedenfalls dann, wenn es an Möbeln und Zimmerwänden ausgelebt wird…
Nach der aufschlussreichen Theorie ging es zu den Vögeln. Zwei Flughallen bilden das Zentrum des Geländes:
Die Flughalle der südamerikanischen Papageien war dicht bepflanzt und erinnerte an die Tropenhäuser, die manchmal in Zoos zu sehen sind. Wenn man kurz die Gitter und das Dach der Halle ausblendet, kann man sogar an einen Regenwald denken. Genau hier leben die südamerikanischen Amazonen-Arten des Papageienschutz-Centrums auch: In den Regenwäldern Venezuelas und Brasiliens, den tropischen Gebieten Mexikos sowie auf den karibischen Inseln.
Dieser Umstand machte mich sofort stutzig, als ich mir vorstellte, diese Papageien im Haus zu halten: Wie sollen wir zu Hause die Tropen nachstellen, ohne dass uns das Wasser die Wände herunterrinnt und die Heizkostenrechnung Übelkeit verursacht? Der Gedanke wich schnell der Freude, die ich empfand, als ich ein grünes Amazonenpaar entdeckte, dass auf einem Ast dicht aneinander gekuschelt die Besucher beäugte. Hier brauchte es nicht viel Empathie, um sofort zu verstehen, dass diese beiden Vögel sich liebten. Unvorstellbar war es in diesem Moment, dass solche Tiere, die in der Natur niemals allein unterwegs sind, noch immer viel zu häufig einzeln gehalten werden. Hier im Papageienschutz-Centrum haben die beiden Grünen nun einen Partner gefunden und dürfen bis an ihr Lebensende bleiben.
Weiter ging es zu den afrikanischen Papageien. In dieser Flughalle ging es etwas lauter zu, denn ein sehr aktiver Graupapagei flog laut rufend durch die Halle. Als dann ein kleines Kind seine Begeisterung über den Vogel in kaum einer geringeren Lautstärke äußerte, flatterte der Papagei ins Dickicht. Der Tag der offenen Tür behagte ihm wohl nicht ganz (die anwesende Tierpflegerin mahnte jedoch direkt freundlich zur Ruhe!). Der Graupapagei hat hier jedoch einen Rückzugsraum, muss sich nicht den Blicken und dem Trubel vorm Gitter aussetzen – im heimischen Wohnzimmer wäre dies so meistens nicht möglich und hier gibt es doch auch Familienfeiern und Besuch, also aus Haustiersicht bestimmt auch eine Art "Tag der offenen Tür". Überhaupt, die Lautstärke dieser Vögel ist – freundlich ausgedrückt – beeindruckend. Über die Haltung dieser "Schreihälse" in Wohnung und Garten ist bestimmt nicht jeder Nachbar oder Vermieter glücklich.
Ein weiterer, weniger scheuer Graupapagei kam zu Fuß zwischen den Sträuchern im Gehege hervor. Er war teilweise nackt, seine Federn an Bauch und Brust fehlten, am Rücken wirkten die Federn dünn und beschädigt. Lediglich am Kopf sah er aus wie ein gesunder Papagei. Dieser Vogel hatte keine Parasiten oder eine organische Erkrankung – er rupfte sich die Federn selbst aus. Dieses "Federrupfen" ist eine Folge lange anhaltender Einsamkeit und Traurigkeit. Deutlicher kann man nicht vor Augen geführt bekommen: Papageien darf man nicht einzeln halten! Sie brauchen einen passenden Partner, Sonnenlicht, Beschäftigung; ja, sie haben Bedürfnisse und Gefühle. Wir hoffen, dass auch dieser Papagei hier im Papageienschutz-Centrum wieder zu Kräften kommt und Freude am Leben empfindet.