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Pferdetransport gestoppt

Bis Rumänien sollte der Transport fahren - bei Bremen angehalten

Hintergrund:

Am 9. März 2023 wurde auf der A 1 bei Bremen ein Pferdetransport durch die Polizei gestoppt, da dieser überladen war. Hierbei fiel auf, dass die Tiere teilweise verletzt waren sowie kein Wasser und keine Tränke für die Pferde mitgeführt wurde. Ebenso wurden weitere Verstöße festgestellt. Der Transport sollte 20 Stunden dauern. Die Pferde wurden in Absprache mit der Amtsveterinärin auf einem Pferdehof untergebracht.

Sieben Pferde, sieben von insgesamt 1,4 Milliarden Tieren, welche alleine innerhalb der EU über lange Strecken transportiert werden.

Nun sind sie in Bremen gestrandet, sieben Pferde auf dem Weg aus den Niederlanden nach Rumänien. Das alltägliche Grauen wird plötzlich greif- und sichtbar. Es bekommt sieben Gesichter und sieben Geschichten. Gesichter und Geschichten, die wir den unzähligen Hühnern, Kälbern, Rindern, Schafen oder Pferden, die alle quer durch Europa transportiert werden, verwehren. Nicht wenige dieser Tiere verlassen sogar die EU und erfahren in sogenannten Drittstaaten in aller Regel ein grauenvolles Ende.
Nahezu jeder Transport bedeutet für Tiere Stress und Angst. Je weniger sie an den Menschen, eine fremde Umgebung, die zusätzlichen und fremden Tiere und an den Transport selbst gewöhnt sind, desto größer ist prinzipiell dieser Stress. Jeder, der privat Pferde hält weiß, wie lange es dauert, Pferde so an einen Transport zu gewöhnen, dass sie keinen Stress mehr empfinden. Vergleicht man die benötigte Dauer hierfür und den zunächst sehr hohen Stresslevel, dann kann man erahnen, wie enorm dieser für landwirtschaftlich genutzte Tiere sein muss, die sehr häufig weder das Handling, noch die äußeren Umstände zuvor kennen gelernt haben – im Gegenteil, häufig nichts, außer den ihnen zugestandenen wenigen Quadratzentimetern oder -metern Lebensraum. Daher verwundert es auch nicht, dass selbst bei sehr gut organisierten und durchgeführten Transporten ein hohes Verletzungs- und Leidensrisiko für die Tiere grundsätzlich besteht.

Kommen wir aber zurück zu diesen sieben Leben. Von den Niederlanden nach Rumänien muss selbst im günstigsten Fall (z. B. von Groningen nach Sathmar (West-Rumänien)) eine Entfernung von ca. 1700 km eingeplant werden. Das bedeutet, dass die Pferde eine Fahrt von mindestens 20 Stunden ertragen müssen. Gehen wir auch mal davon aus, dass alle gesetzlichen Vorgaben (VO 1/2005 EU und Tierschutztransportverordnung) bezüglich Bodenbefestigung, Trittsicherheit, Neigung der Rampen, Wasserversorgung, Futterversorgung, Schulung des Personals und Ruhezeiten etc. eingehalten werden. Dann bedeutet das trotzdem, dass diese Pferde genau diese 20 Stunden am Stück transportiert werden dürfen, in engen Ständern, in denen ein Ablegen nicht möglich ist. Zwanzigstündiges Stehen und Ausbalancieren von Kurven, Unebenheiten oder abruptem Bremsen, fordert selbst gesunde und trainierte Tiere. Für Tiere, die krank oder geschwächt sind, oder einfach nur untrainiert, ist dies eine Tortur. Nach diesen 20 Stunden muss sich eine Pause für mindestens 24 Stunden anschließen, in denen die Tiere theoretisch auch entladen, gefüttert und getränkt werden müssen. Hier enden die Vorgaben. Ein identisches Intervall kann sich demnach rein theoretisch unendlich häufig anschließen.

Häufig werden Tiere zunächst zu sogenannten Sammelstellen befördert, um von dort dann die Reise zu ihrem endgültigen Bestimmungsort anzutreten. Solche Sammelstellen dienen vor allem dazu, Transporte zusammenzustellen und Transportfahrzeuge optimal zu beladen. Auch hier werden Tiere schon über Staatengrenzen hinweg transportiert. Die Ankunft dort, die neue Umgebung, der Kontakt mit unbekannten Tieren und Menschen bedeuten ebenfalls für alle Tiere Stress, der sich für junge Tiere, laktierende Tiere, kranke oder verletzte Tiere noch deutlich erhöht.

Aber wieder zurück zu den Pferden: Das Ende dieser sieben Leben ist recht überschaubar. Es sind aussortierte Tiere, die so oder so irgendwo in Europa oder vielleicht sogar außerhalb dem sicheren Tod entgegensehen. Einem Tod, der selbst in Deutschland häufig nicht den gesetzlichen Mindestvorgaben entspricht. Dennoch, solange wir Tiere nutzen, solange werden wir sie auch töten müssen – ein Prozess, der unerlässlich ist. Ein Langstreckentransport gehört definitiv nicht dazu. Hier geht es ausschließlich um Geld, erwirtschaftet auf Kosten des schwächsten Gliedes – nämlich auf Kosten von Milliarden Gesichtern und Geschichten, alleine in Europa!

(Prof. (apl.) Dr. Sibylle Wenzel, März 2023)