Die Maßnahmen des Audits beziehen sich auf einen weiten Begriff von "Familie". Familie in unserem Sinne umfasst nicht nur die Fürsorge für Kinder oder auch Enkelkinder, sondern selbstverständlich auch die Pflege von Angehörigen. Gerade in diesem Bereich ist sich die Ressortleitung ihrer Verantwortung bewusst, dass sie den Pflegenden mit ihren enormen Belastungen gute Bedingungen schaffen möchte, um auch die Berufstätigkeit unter besten Bedingungen ausüben zu können.
Die individuellen Anforderungen sind dabei so unterschiedlich wie die Lebenslagen selbst. Generell gilt es, gerade auch Beschäftigte mit Pflegeverantwortung bei ihrer schwierigen Aufgabe optimal zu unterstützen. Als erstes muss dafür ein Bewusstsein geschaffen werden. Denn viele Belastungen von Pflegenden werden von den Kolleginnen und Kollegen oder auch den Führungskräften weniger wahrgenommen - wer hat schon das Bild des kranken Vaters oder der dementen Mutter auf dem Schreibtisch? Kinderbilder dagegen finden sich in vielen Büros. Doch nicht selten müssten die Bilder der pflegebedürftigen Eltern neben denen der Kinder stehen, allzu oft kommen Pflege- und Familienverantwortung zusammen. Oft sind diese Belastungen in ihrem gesamten Ausmaß im Büro gar nicht bekannt, weil wenig darüber gesprochen wird.
Ein wichtiges Ziel des Audits ist deshalb, eine Vertrauenskultur zu schaffen, in der Belastungen und individuelle Wünsche offen angesprochen werden können. Manchmal muss eben die Arbeit kurzfristig unterbrochen werden, wenn sich ein dementer Angehöriger auf Wanderschaft begeben hat. Oder es müssen regelmäßige Telearbeitstage eingelegt werden, um im Heimatort die Pflege der Eltern zu organisieren. Eine pflegesensible Personalpolitik soll dafür sorgen, dass solche Aufgaben problemlos übernommen werden können. Ziel ist es, den Beschäftigten den Rücken freizuhalten, damit sie mit ihren Mehrfachbelastungen umgehen und dabei ihre eigene Gesundheit erhalten können.
Auch der Austausch mit betroffenen Kolleginnen und Kollegen kann helfen, solche Situationen im Berufsalltag besser zu bewältigen. Deshalb findet einmal im Quartal mit der Unterstützung externer Fachleute ein "Pflegefrühstück" für die betroffenen Beschäftigten statt. Schwerpunkt der ersten Veranstaltung im Februar 2019 war der Umgang mit Demenzkranken. Im Mai 2019 stand das Thema "Pflege auf Distanz - wie organisiere ich die Pflege, wenn die Eltern nicht an meinem Wohnort leben?" im Mittelpunkt. Leider waren im Jahr 2020 unter Corona-Bedingungen keine direkten Treffen der pflegenden Angehörigen möglich, die besonders unter der Situation leiden, aber zugleich besonders vorsichtig mit Blick auf eine mögliche Ansteckung sein müssen. Daher konnten Hilfs- und Informationsangebote etwa der Demenz-Informations- und Koordinationsstelle nur per Newsletter vorgestellt werden. Im Laufe des Jahres soll eine Ideenwerkstatt durchgeführt werden, bei der gezielte Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf vorgeschlagen werden.
Doch der Anspruch des Audits geht durchaus noch weiter. Letztlich soll die individuelle Lebensgestaltung mit der Berufstätigkeit vereinbart werden. Hobbies, Ehrenämter, Nachbarschaftshilfe, politisches Engagement oder auch die eigene Gesundheitsfürsorge - alle diese Ansprüche sollen mit dem Beruf in Einklang gebracht werden. Die Vielfalt der Lebenslagen erfordert ein hohes Maß an Flexibilität - und das gilt nicht nur für die einzelnen Personen, sondern eben auch für die Organisation. Gerade die Vielfalt und die damit verbundenen ganz unterschiedlichen Kompetenzen ermöglichen Kreativität und erhöhte Produktivität im Berufsalltag. Das System "Verwaltung" muss sich in diesem Sinne weiterentwickeln und vielfältige Lösungen für vielfältige Ansprüche bieten.